Interview: Insights aus dem Rohwarenhandel
26 Februar, 2020 durch
Pakka AG
 


«Unser Ansatz ist, dass wir nur mit sehr ausgewählten Partnern zusammenarbeiten, welche wir gut kennen und zu denen wir eine enge Beziehung pflegen. Daher können und wollen wir nicht einfach auf andere Lieferanten ausweichen, wenn es zu Lieferengpässen kommt.»: Erol Bay, Geschäftsführer bei der Pakka Sourcing GmbH.

Erol Bay: Als Geschäftsführer der Pakka Sourcing GmbH kümmert sich Erol um den Rohwarenhandel innerhalb der Pakka Gruppe. Nach langjährigen Erfahrungen im Baumwollhandel in Australien den USA, stiess er 2017 zu Pakka. Aktuell absolviert er einen berufsbegleitenden MBA der Open University.


Die Geschäftsbereiche der Pakka Gruppe decken die gesamte Nuss-Wertschöpfungskette ab: Vom Anbau über die Finanzierung und den Handel bis hin zum Vertrieb der veredelten Nüsse und Snacks. Im Gespräch mit Erol Bay erfahren wir spannende Insights aus dem Rohwarenhandel. Er erzählt uns, wo die grossen Herausforderungen seines Geschäfts liegen, warum die Nusspreise in den letzten Jahren unter Druck geraten sind und welche Foodtrends sich in seiner Arbeit zeigen.

Interview
Zürich, 24. Februar 2020

«Pakka»: Wo ist die Pakka Sourcing innerhalb der Pakka-Welt anzusiedeln?

Erol: Pakka Sourcing ist das Bindeglied zwischen dem Ursprung der Rohwaren und den Kunden in Europa. Wir holen die Rohware per Containerschiff nach Hamburg und lagern sie dort ein. Je nach Kundenwunsch verarbeiten wir die Nüsse auch zu Halbfabrikaten, wie Pasten oder gehackte, geröstete Nüsse. Dieser Verarbeitungsschritt findet in Europa statt.

«Pakka»: Wer sind deine Kunden?

Erol: Einerseits beliefern wir die Pakka Products AG mit Nüssen, die dann unter der Pakka-Marke ins Regal kommen. Andererseits gehören aber auch die Industrie und der Grosshandel zu meinem Kundenkreis, z.B. Schokoladenfabrikanten, Grossbäckereien und Detailhändler.

«Pakka»: Wo siehst du die grössten Herausforderungen im Nusshandel?

Erol: Die Qualität ist immer ein Thema. Nüsse sind zwar lagerfähig, aber auch heikel in Bezug auf Pilzbefall, Schimmel oder Feuchtigkeitsgehalt. Diese müssen den Richtwerten des Lebensmittelgesetzes entsprechen. Eine grosse Herausforderung ist aber auch die Logistik und dass wir termingerecht liefern. Unser Ansatz ist, dass wir nur mit sehr ausgewählten Partnern zusammenarbeiten, welche wir gut kennen und zu denen wir eine enge Beziehung pflegen. Daher können und wollen wir nicht einfach auf andere Lieferanten ausweichen, wenn es zu Lieferengpässen kommt. In solchen Situationen wäre es natürlich einfacher, irgendwo Ware einzukaufen und auf bereits in Europa gelagerte Ware zurückgreifen, sogenannte «spot lots». Aber wie gesagt, das entspricht nicht unserer Geschäftsphilosophie. Dazu kommt, dass die Auswahl an möglichen Lieferanten in unserer Bio- und Fairtrade-Nische nicht besonders gross ist. Vor allem bei den Mandeln und Paranüsse ist es schwierig qualitativ hochwertige Nüsse in Bio- und Fairtrade-Qualität zu beschaffen. Das alles birgt gewisse Risiken, die wir bewältigen müssen.

«Pakka»: Wie sieht es mit den Preisen aus?

Erol: Diese sind natürlich abhängig von Angebot und Nachfrage. Angebotsseitig spielen z.B. Wetterereignisse eine Rolle, die zu Ernteausfällen führen können und die Preise in die Höhe treiben. Andererseits kann der Ausbau von Anbauflächen dazu führen, dass das Angebot steigt und die Preise unter Druck kommen. Letzteres war die vergangenen Jahre der Fall. Das Angebot von Nüssen in Bio- und Fairtrade-Qualität ist klar gestiegen, da viele auf den Nachhaltigkeitszug aufspringen. Wir stellen aber auch fest, dass es Akteure gibt, die Abkürzungen nehmen in Sachen Nachhaltigkeit, bzw. den Fokus nicht bei den Kleinbauern ansetzen. Das zeigt sich z.B. an der Situation mit den rohen Cashewnüssen, die im grossen Stil aus Afrika nach Vietnam oder Indien verschifft werden, um dort in Industriebetrieben kostengünstiger geknackt und verarbeitet zu werden. Diese Nüsse gelangen dann als vietnamesische oder indische Bio- und Fairtrade-Cashews relativ günstig in den Detailhandel. Ausgeklammert wird aber, dass ein wichtiger Teil der Wertschöpfung von Afrika nach Vietnam oder Indien verschoben wird, was für die Entwicklung der afrikanischen Wirtschaft schlecht ist. Uns stellt sich dann die Frage, wie «fair» diese Cashews tatsächlich noch sind. Möglichst viel Wertschöpfung im Ursprungsland der Rohwaren zu generieren, ist ein Kernanliegen der Pakka Gruppe.

«Pakka»: Und wie laufen die Preisverhandlungen mit den Lieferanten? Wie einigt man sich auf einen «fairen» Preis?

Erol: Zur Erinnerung: Ein Mindestpreis und eine zusätzliche Fairtrade-Prämie ist über die Fairtrade-Zertifizierung garantiert. Darüber hinaus liegt unser Verhandlungsspielraum. Und nicht selten befinden auch wir uns in einem heiklen Spannungsfeld. Wir versuchen immer die Verträge so früh wie möglich abzuschliessen, um den Kleinbauern Sicherheit zu gewähren. Dies führt aber dazu, dass wir den Risiken des Marktes voll ausgesetzt sind. Da es für Nüsse keine Börse gibt, können wir die Preise nicht absichern (hedgen). Wenn diese zum Zeitpunkt der Lieferung schliesslich fallen, tragen wir den vollen Verlust. Dieses Risiko können wir minimieren, in dem wir versuchen einen Grossteil der Nüsse bereits frühzeitig zu verkaufen. Das ist nicht immer ganz einfach, da viele unserer Kunden kurzfristig einkaufen. Sie sind es gewohnt, dass wir für solche Fälle immer Ware im Kühllager in Europa bereithalten.

«Pakka»: Welches ist aktuell das spannendste Produkt?

Erol: Die indischen Cashews sind weiterhin ein sehr zentrales Produkt für uns. Mit der Fairtrade Alliance Kerala (FTAK) hat die Pakka-Geschichte vor 15 Jahren ja begonnen. Mittlerweile verbindet uns eine langjährige Freundschaft und viel investiertes Herzblut. Zudem ist die FTAK weiterhin ein Vorzeigeprojekt in Sachen Biodiversität.

Einzigartig sind auch die Fairtrade-Mandeln der Mountain Fruits Farmers Association in Pakistan. Die Kleinbauern bewirtschaften über 40 verschiedene Varietäten von meist wilden Mandelbäumen. Und dies im Hunzatal vor einer geografisch äusserst eindrücklichen Kulisse! Die Fairtrade-Mandeln sind aber auch deshalb spannend, weil es den Fairtrade-Standard für Mandeln noch nicht so lange gibt. Und langsam gewöhnt sich die Industrie daran, dass Mandeln in Fairtrade-Qualität beschafft werden können. Die Ausnahmebewilligungen werden daher weniger.

«Pakka»: Ausnahmebewilligungen? Kannst du dies erklären?

Erol: Alle Produkte mit dem Fairtrade-Label (FLO) unterliegen der Regel «All that can be Fairtrade, must be Fairtrade». Bei zusammengesetzten Produkten, wie zum Beispiel Schokolade mit Mandelsplitter, bedeutet dies, dass alle Zutaten, die in Fairtrade-Qualität erhältlich sind, auch in dieser Qualität verwendet werden müssen. Da es lange Zeit kaum Fairtrade-Mandeln gab, wurden in zusammengesetzten Produkten, wie z.B. Mandelschokolade, Mandeln aus nicht fairem Handel verwendet. Die Nuss-Schokolade durfte aber trotzdem als Fairtrade ausgelobt werden. Mittlerweile gibt es Fairtrade-Mandeln, eben z.B. von uns. Aber längst nicht alle haben ihre Mandeln mit solchen aus fairem Handel ersetzt. Sie bekamen eine Ausnahmebewilligung, um ihre Produkte trotzdem als Fairtrade auszuloben. Diese Ausnahmebewilligungen werden nun weniger oder laufen langsam aus, weil es mehr und mehr Fairtrade-Mandeln gibt.

«Pakka»: Die Cashewernten finden im Frühling statt, stehen also kurz bevor. Bedeutet das für dich besonders viel Arbeit?

Erol: Mein Arbeitsvolumen hängt für mich als Händler nicht so sehr vom Erntezeitpunkt ab. Das ganze Jahr hindurch stehen verschiedene Aufgaben an. Verträge werden in der Regel vor der eigentlichen Ernte abgeschlossen, so dass sich die Bauern finanzieren können. Nach der Ernte folgt die Logistik, das heisst das Verschiffen der Ware. Dann kommen die Einlagerung und die Qualitätskontrollen. Unterschiedliche Nusssorten haben auch unterschiedliche Erntezeitpunkte. Eine eigentliche Hochsaison kennen wir daher nicht.

«Pakka»: Stellst du gewisse Food Trends fest, die sich in den Anfragen zeigen?

Erol: Durch die Verbreitung der veganen Lebensweise hat sicherlich das Thema Milchersatz an Wichtigkeit gewonnen. Das spüren wir besonders bei Anfragen für Mandelpaste für Mandelmilch, aber auch bei Anfragen für Cashewbruch für den veganen Cashewkäse. Ein grosses Thema sind auch Erdnüsse in Bio- und Fairtrade-Qualität - die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem. Deshalb ist unser eigenes Bio-Fairtrade-Erdnussprojekt in Kolumbien spannend. Noch dieses Jahr erwarten wir die erste Ernte und wir sind sehr gespannt auf das Resultat!

«Pakka»: Was gefällt dir an deiner Arbeit? Warum bist du ein Trader geworden?

Erol: Jeder Tag ist anders. Man kommt ins Büro und weiss nicht was einen erwartet. Was mir auch gefällt, ist das Internationale und das Bindeglied zu sein zwischen den verschiedenen Kulturen und Regionen dieser Welt. Und dann sagen mir sicherlich auch die Nüsse als Produkt zu: Ein konkretes, unverfälschtes Nahrungsmittel. Ein abstraktes Finanzprodukte zu traden, wäre nicht mein Ding.

Schön ist natürlich auch, dass wir bei Pakka in einer Nische angesiedelt sind, in der man etwas bewirken kann. Unsere Partner im Ursprung sind ja nicht die grossen Nussproduzenten dieser Welt, sondern die kleinen. Unsere Zusammenarbeit ermöglicht ihnen sich zu entwickeln und neben den Grossen zu bestehen, das motiviert!

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